Als Deutscher bin ich in einer merkwürdigen Erwartungshaltung, wenn ich mit Juden zu tun habe. Levi ist Jude und mehr erfahre ich zu dem Thema auch nicht. Ich bin ein wenig enttäuscht, weil ich dachte, dass das Thema auf den Tisch kommt. Aber weit gefehlt. Er arbeitet für eine Einrichtung, die, so habe ich es verstanden, dem Zentralrat der Juden in Deutschland entspricht. Er ist Teil der Oragnisation, die die jüdische Wohlfahrt organisiert. Er liebt Deutschland, sagt er, erklärt aber nicht warum; vielleicht auch nur eine Floskel. In seinem Profil auf Couchsurfing hat er aber ein Foto von sich in Lederhosen in München auf dem Oktoberfest, vielleicht doch keine Floskel.
Er hat Liebeskummer. In seiner Sportgruppe ist ein Typ, den er total süß findet. Sie flirten wie verrückt per SMS. Ein paar der Texte bekomme ich mit und denke, bei dem Informationsstand würde ich mich schon längst um ein Treffen im realen Leben kümmern, er lehnt das ab, schwelgt im Leid. Es geht ihm nicht gut, er entschuldigt sich dafür.
Auf seinem Profil hat er schon angekündigt, er könne nicht kochen, was mich dazu veranlasst, einkaufen zu gehen und dann Pasta mit Schinken-Sahnesauce zuzubereiten. Ich finde, die ist mir unter den beschränkten Bedingungen, die seine Küche zu bieten hat (keine Löffel, keine scharfen Messer, kein Salz, kein Pfeffer, keine tiefen Teller…), sehr gut gelungen. Er bleibt relativ unbeeindruckt davon; es geht ihm nicht gut, hängt an seinem Telefon und textet die ganze Zeit mit diesem Typen aus seiner Sportgruppe.
Nebenbei läuft im Fernseher ´The Real Houswifes – New York´. Im Zentrum steht eine Clique von sechs´Hausfrauen´ aus New York, die alles, aber ganz bestimmt keine richtigen Hausfrauen sind. Alle vermögend und ausschließlich mit der Gestaltung von Freizeit beschäftigt, begleitet sie eine Kamera bei der Auslebung ihres Dranges, Drama zu produzieren. Moderiert wird das ganze von einem schwulen Moderator. Die Charaktere sind eindeutig an ´Sex and the City´angelehnt. Das gehört mit zu dem Schlechtesten, was ich je im Fernsehen gesehen habe.
Meinen Restday verbringe ich ab 12:00 Uhr im „Museum of Natural History“ von LA. MIt dem Fahrrad sind es elf Kilometer; keine Anstrengung. Ich beschließe nach dem Besuch, dass es auf meiner Liste der eindrucksvollsten Zoologischen Museen nach London auf dem zweiten Platz landet. Die Dinosaurierabteilung ist wirklich außerordentlich gut aufgearbeitet mit vielen hervorragenden Exponaten. In der zentralen Eingangshalle, kämpft ein Tyrannosaurus Rex Skelett mit einem Triceratops Skelett. In der Ausstellung werden zahlreiche Funde nebeneinander gezeigt, um die Unterschiede aufzuzeigen und welche Rückschlüsse daraus zu ziehen sind. Auch die Ausstellung über prähistorische Säugetiere ist herausragend.
In zwei Sälen sind Dioramen aufgebaut. In dem einen Saal zur afrikanischen Tierwelt und in dem anderen zur nordamerikanischen Tierwelt. Das zentrale Diorama zeigt eine Gruppe von sechs oder sieben Bisons im Mittleren Westen. Die Szenerie wirkt erhaben und der Begriff der Erhabenheit brennt sich mir ein. Ich komme zu dem Schluss, dass das amerikanische Selbstverständnis, wie es von Donald Trump vertreten wird, auf diesem Gefühl aufbaut. Nirgenwo tritt dieses Gefühl mehr zu Tage als in dem Bild des Mittleren Westens. Die Enge in Europa und der Mangel an Arbeit, die die industrielle Revolution und die zunehmende Mobilität mit sich bringen, lockt viele Landbewohner statt in die Stadt, nach Amerika. Dort heißt es, gibt es Land im Überfluss, man braucht es sich nur zu nehmen. Die Weißen Siedler importieren ncht nur sich selber sondern auch ihr Rechtssystem, das auf seine Berechtigung daher bezieht, dass es aufgeschrieben ist. Was nicht in einer ganz bestimmten Art und Weise aufgeschrieben ist, existiert auch nicht. Nirgendwo in den Grundbüchern stehen die Indianer als Besitzer dieses Landes. Dies ist die Erhabenheit des europäischen Rechtssystemes und das meine ich auch als Gefühl zu verstehen. Dieses Gefühl lässt einen mit der Waffe über der Schulter über dieses Urbild einer Landschaft bis zum Horizont blicken und „meins“ Denken.
Niemand sollte sich jetzt über die Amerikaner erheben und sie arrogant schimpfen. Wir sind immer noch in diesem Denken, dass wir unser Rechtssystem exportieren wollen. Und ich selber halte es für ein gutes Rechtsystem. Es ist heute noch unser Recht, das uns so erfolgreich macht. Wir können uns auf das Gesetz berufen und unsere Rechte durchsetzen. es gibt mir die Freiheit, mich im größt möglichen Umfang selbst zu verwirklichen, das wünsche ich allen Menschen auf dieser Welt.
Levi kommt eine halbe Stunde später nach Hause und es geht ihm immer noch nicht besser. Zu allem Unglück hat er noch erfahren, dass er in einem Monat aus der Wohnung raus muss. In mir springt der Psychiatriepfleger an und ich schicke ihn Joggen. Nach der Dusche geht es ihm deutlich besser und er berichtet mir von einem anderen Typen, den er ganz süß findet und der heute Abend eventuell vorbei kommt. Ich bin dann doch etwas überrascht, wie schnell ein neues Objekt der Begierde gefunden ist.
Seine beste Freundin kommt vorbei und der Typ auch. Es wird ein lustiger Abend mit vielen Geschichten, von denen mir keine im Gedächtnis geblieben ist. Alle drei reden auch so schnell, dass ich mir nicht sicher bin, ob ich alles wirklich gut verstanden habe.
Heute geht es an den Sony Universal Studios vorbei zum Pazifik. Am Ozean merke ich sofort, dass ich ein Kind des Meeres bin. Wasser und diese einzigartige Weite haben eine beruhigende Wirkung auf mich. Und: Ich habe den Kontinent durchquert! In mir macht sich Urlaubsfeeling breit. Obwohl Venice Beach und Santa Monica Beach DIE Strandorte hier bei Los Angeles sind, ist die Infrastruktur heute nicht ganz auf der Höhe. Die meisten Bars und Restaurants haben geschlossen und es gibt nicht so viele davon, wie ich gedacht habe. Der Wind weht kräftig aus Norden und pustet jede Menge Sand in mein Gesicht. Sonne, Strand, Meer und Palmen werden ab jetzt meinen Weg säumen…
? like ice in the Sunshine ?
Sei froh, daß du keinen Fernseher hast. Hier gibt’s auch genug Schrott zu sehen. Genieße jetzt das Gefühl der Küste, die dich jetzt begleitet ?
Jetzt würde ich dich gerne begleiten.
Hallo Thomas!
Warum hast Du dich nicht ins Wasser geschmissen? War es zu kalt? Habe mal im Internet
nach gesehen, ca.14-18 Grad soll der Pazifik haben. Da kann man doch schon mal eintauchen und
den restlichen Wüstensand abspülen.Weiterhin gutes radeln.
L.G.helmut u hanne
Hallo Thomas!
Jetzt ist die Urlaubstimmung da, die ich schon vorhergesagt habe. Genieße diese Stimmung, blaues Wasser, Palmen, Wind um die Ohren usw. Lass sie dir nicht durch schlechte Fernsehfilme und Launen verderben. Jetzt ist Urlaub angesagt, den du dir verdient hast. Nochmal, geeeniiiieße ihn, und komm jetzt bloß nicht auf die Idee über den Großen Teich zu uns zurück zu schwimmen, bloß weil es noch keiner getan hat!!!
VLGMuV
Das mit dem Schwimmen wird schwierig, aber Segeln wäre eine Option :-).
Segeln ist zu einfach
So, Thomas, jetzt hast du es wieder geschafft. Das Fernweh nagt an mir! Nächstes Jahr mal wieder in die USA, allerdings ohne Fahrrad. Der Zug ist angesagt!