Oklahoma City – Weatherford

Um 7:00 Uhr geht mein Wecker los und gleichzeitig erhellt ein Blitz die Nachbarschaft, zwei Sekunden später donnert es ganz kräftig. Im Geiste stöhne ich auf, drehe mich um und beschließe das Gewitter bei weiterem Schlaf zu ignorieren. Doch nach einer halbe Stunde treibt es mich aus dem Bett an den Frühstückstisch. Jodie kommt kurz raus, bietet mir an, mich ein Stück zu fahren, wenn es nicht besser werden sollte mit dem Wetter; aber erst, wenn sie mit dem Schlafen fertig ist. Sagt’s und verschwindet wieder im Schlafzimmer.

Jodies kleiner Hund hat panische Angest nach draußen zu gehen. Er ist dort so gestreßt, dass er sich weigert, draußen seine Geschäfte zu verrichten, so tut er es im Haus. Jodie hat dafür extra Unterlagen gekauft und in der Waschküche ausgelegt. Normalerweise benutzt der Hund diese auch, aber heute morgen ist vor der Truhe im Wohnzimmer aus dem Parkett ein kleiner gelber See. Nach dem Frühstück auf dem Weg zum Zähneputzen, starrt mich vor dem Badezimmer ein längliches Krabbeltierchen an. Ich atme tief durch, putze Zähne, packe meine sieben Sachen und da es nicht mehr regnet, schreibe ich Jodie einen Abschiedsbrief.

Wolken hängen tief am Himmel und der Wind kommt aus Osten. Ich jubele und die kurze Hose ist auch die richtige Wahl gewesen.

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Nach dreieinhalb Kilometern entere ich die Route 66 und zeitgleich beginnt es zu nieseln. Der Nieselregen steigert sich zu einem Regen, so dass ich, noch bevor ich Oklahoma City verlassen habe, die Regenkleidung überstreifen muss.

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Die Hügel werden immer weniger, sind aber noch eindeutig da und ich beginne mich zu fragen, wann denn endlich dieses ständig angekündigte NICHTS kommt: Kein Hügel, kein Baum hieß es immer wieder. Hinter El Reno, sind dann endlich die Bäume nahezu verschwunden, doch tauchen sie bald wieder auf, weniger zwar und kleiner, aber wieder da.

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Nach fünfzig Kilometern hat endlich der Regen aufgehört und die Sonne sich ihre Lücken erkämpft, so dass die Regenkleidung endlich ausgezogen wird und die Sonnenbrille herausgekramt wird.

Zwanzig Kilometer vor meinem Tagesziel steht ein Campingmobil am Straßenrand und das Nummernschild verrät, dass es aus Kalifornien stammt. Sofort ist meine Neugierde geweckt und ich fahre an die offene Tür. Aus dem Inneren strahlt mir ein Paar entgegen. Meine Frage, ob sie aus Kalifornien sind, verneinen sie: Vejle aus Dänemark ist die Antwort und ich bin platt. Sie kennen Rendsburg und Schleswig-Holstein und irgendwie fühle ich mich sofort heimatlich in dieser kargen Hügellandschaft. Ich werde zu Wasser eingeladen, bekomme einen Apfel und Schokolade. Sportler wissen, was gut ist für die Kondition. Henrik läuft von Los Angeles nach New York. Ich komme mir sofort wie ein Weichei vor: LAUFEN! Er läuft jeden Tag einen Marathon. Mir fehlen die Worte und bin heftig beeindruckt. Er läuft für einen guten Zweck: Er sammelt Geld für ein Austauschprogramm, damit dänische und amerikanische Jugendliche für eine Zeit in das jeweilige andere Land reisen können. Lotte steuert das Begleitfahrzeug, besagtes Campingmobil. Wenn sie Mitte Juni zurück in Dänemark sind, werden wir uns hoffentlich wiedersehen. Hier geht es zu seiner Seite auf Facebook.

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Nach einer halben Stunde herzlichen Gespräches machen wir Fotos und uns weiter auf den Weg. Ich hoffe, dass dies ein gutes Zeichen ist, dass ich nun mehr Fernreisende treffe. Bisher habe ich ja nur in Little Rocks einen getroffen.

Leider muss man sagen, dass die Landschaft immer schöner wird. So war es ja auch geplant. Die meisten Leute fahren Coast-2-Coast von West nach Ost, damit man den Wind die meiste Zeit im Rücken hat. Ich wollte aber den großen Treck nach Westen machen, vor allem, weil ich dann die schöne Lanschaft zum Schluss habe. Arkansas war schon schön, aber jetzt wird noch mal ne Schippe draufgelegt. Ich freue mich schon auf die große Ebene. Wenn ich meine Route richtig verstehe, fahre ich nicht im Süden und nicht im Norden, wo die meisten Radfahrer langfahren, sondern in der Mitte. Das hat den Vorteil, dass ich seit dem Mississippital am Rand eines kleinen ´Gebirges´ (eher Hügellanschaft) entlangfahre und so mehr Abwechslung bekomme. „Da werden die etwa eineinhalb Wochen Ebene des Mittleren Westens doch nett sein“, denke ich mir.

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In Weatherford entere ich ein Motel. Dann rufe ich Curt aus San Francisco an. Er wird dort mein Gastgeber sein. Er berichtet mir von einer bevorstehenden Rücken-OP, dass ich herzlich willkomen bin, aber mir auch einen anderen Gastgeber suchen könne, wenn ich wolle. Wir unterhalten uns fast eine Stunde und ich erhalte den Tipp, dass es bei Walmart günstige Zelte gibt (Meins ist ja in Washington abgeworfen worden). Ich werde mir die morgen einmal ansehen. Mittlerweile ist das Wetter ja doch so, dass ich mir das Zelten durchaus zutrauen würde.

Für morgen ist Sonne und 27°C angesagt: Ist das nicht geil 🙂 Ich liebe meine kurzen Hosen und war eben noch mal los, um Getränke zu kaufen!

4 Replies to “Oklahoma City – Weatherford”

  1. hanne hartung

    Tolle Fotos! Die Erde so rot ,das habe ich nur in Afrika vermutet.Ich vermute,Du hast schon neue
    Pläne, diesmal zu Fuß.Wie schön das Dänemark so nah ist.Da kann man sich doch mal bei einem
    Kaffee treffen.Viel Sonne und wenig Regen wünschen Dir ,Helmut u Hanne

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  2. Werner Jürs

    Hallo Thomas!
    Ich freue mich mit dir. Ich wünsche mir immer öfters mit fahren zu können. Und die Baumlose Gegend kommt noch. Bin gespannt, wie lange das Fahren dann spaß macht. Wünsche dir dort nicht allzu viel Sonne sondern angenehme Temperaturen. Hast du Sonnenschutzmittel? oder du musst mit Sonnenschirm radeln!!! LG M + (V)

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  3. Wolfgang

    So so, die rote Linie auf dem Bild ist also dein Weg? Na, glücklicherweise ist es wohl jetzt mit dem Regen vorbei. Denn am Sonntagabend haben auch wir in Berlin auf dem Radarschirm nördlich von Oklahoma-City den Regen nebst Gewittern gesehen….
    Ich verstehe nur bedingt, warum der tierliebende Haushalt nicht deiner war. Wilder Westen – unsere kleine Farm!!
    In dem Wohnmobil hätten auch Holländer sein können, aber die hätten dann auch ihr gelbes Nummernschild mitgebracht…

    Gute Reise und weiterhin viele spannende Leute und Momente!

    Zum Schluss für alle Follower: die Zeitabstand liegt aktuell wieder bei 6 Stunden, weil die Amis kürzlich bereits die Uhr vorgestellt haben. Dabei hat Arizona ein Sonderstatus: die machen den Spuk nicht mit!

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  4. Alex Ojeda

    Safe travels Thomas, I am checking your blog every other day to see how far you have made it.
    Interesting stories and stays.

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