Needles – Wüste
Der Tag beginnt um 6:00 Uhr mit Regen, ich habe es also nicht eilig, los zu kommen. Um 8:30 Uhr geht es dann endlich los in die Wüste. Es tröpfelt anfangs noch etwas, doch schon nach drei Kilometern kann ich die Regenjacke auf den Gepäckträger schnallen.
Das Rad fährt irgendwie schwammig und immer wieder versuche ich, hinter das Geheimnis dieses Verhaltens zu kommen. Nach 6 Kilometern komme ich endlich dahinter: Der hintere Reifen hat zu wenig Luft. Ich lege also etwas Luft nach, kriege von der Luftpumpe dreckige Finger und fahre weiter. Jetzt fährt das Rad wieder ordentlich.
Nach zehn Kilometern stellt sich das schwammige Fahrverhalten jedoch wieder ein und im Reifen ist wieder wenig Luft. Ich beschließe, den Schlauch zu wechseln. Nach einer Stunde am Fahrbahnrand stehe ich vollkommen mit Dreck beschmiert da. Die kurze Hose hat links zwei große Flecken und am rechten Bein habe ich mir ebenfalls zwei Streifen Dreck aufgelegt, die ich bis morgen nicht wieder los werde. Die Hände sind schwarz. Ich nehme eine gebrauchte Socke, mache sie nass und tue etwas Duschgel drauf. Damit kann ich die Hände säubern.
Mittlerweile hat der Wind aufgefrischt und bläst mir ins Gesicht. So geht es zum ersten Pass auf 600 Metern. Ich habe mir das einfach vorgestellt, doch hier in der Praxis kommt mir der Wind immer stärker entgegen und die Straße besteht fast ausschließlich aus sogenannten DIPS. Es sind kleine Flussbetten, die hier im Abstand von etwa 100 Metern liegen. Die Straße ist eine Aneinanderreihung von drei Meter runter und 4 Meter rauf Hügeln. Der Wind wird so stark, dass ich sogar die drei Meter runter strampeln muss, oder ich werde wieder den Berg zurückgeweht.
Das nervigste ist jedoch, dass die Straße recht eng ist und keinen Seitenstreifen hat. Die LKW´s empfinde ich das erste mal in diesem Land als Bedrohung. Auf dieser Straße sind viele davon unterwegs und sie bremsen nicht. Mehr als einmal machen sie durch Hupen auf sich aufmerksam und nach wenigen Überholmanövern weiß ich, dass auf dieser Straße irgendwie andere Gesetze herrschen als auf den bisherigen. Ich gebe bald auf und weiche aus. Ein LKW näher als dreißig Zentimeter neben mir ist furchterregend.
Nach etwa 75 Kilometern kann ich die Kreuzung „Vidal Junction“ sehen und die Straße dreht sich aus dem Wind raus. In Google Streetview habe ich ein Restaurant gesehen und auf darauf freue ich mich jetzt. Eine Kreuzung hat vier Ecken. Eine Ecke ist hier nicht mehr bebaut; eine Säule erinnert verdächtig an die, auf denen mal ein Motelschild befestigt war. In der anderen Ecke steht ein Gebäude mit Brettern verschalt, das auf einen neuen Besitzer wartet. Eine Kontrollstation für Lebensmitteltransporte wartet mit dem höchsten Aktivitätspotential auf. Ich stehe auf der Ecke mit dem Motel, Restaurant und Tankstelle. Das Restaurant und Motel sind zu verkaufen und geschlossen. Die Tankstelle hat offen und betreibt einen kleinen Alles-kostet-3-$-Store. Eine Gallone Wasser: 3,- $ / Ein Doppelpack Sandwiches: 3,- $ / Eine Tüte Bonscher: 3,- $
Während ich vier Sandwiches in mich reindrücke und eine Gallone Wasser verschlucke, muss ich feststellen, dass der Wind auf West dreht. Ich versuche, dies mit Gleichmut zu nehmen, was mir nur schwer gelingt. Ich klettere müde auf mein Rad und krieche mit zwölf bis fünfzehn Stundenkilometern gegen den Wind an. Zumindest die LKW´s sind jetzt weg und die nächsten 40 Kilometer erwarten mich keine Steigungen mehr; nur DIPS.
Den Track habe ich bis Rice gelegt. Rice besitzt eine verfallene Tankstelle und eine Weiche in der Bahntrasse, das war´s. Ich fahre weiter, will bis zum Sonnenuntergang fahren, obwohl ich eigentlich schon nicht mehr kann, aber irgendwie will ich morgen die Wüste so schnell wie möglich hinter mich bringen.
Eineinhalb Stunden vor Sonnenuntergang lässt der Wind nach und wenig später sitzen zwei Männer am Straßenrand und ich staune nicht schlecht, es sind die beiden Landstreicher, die ich vor etwa zwei Wochen zwischen Albuquerque und San Fidel getroffen habe. Die meisten Tage seien sie zu Fuß unterwegs gewesen, zwei Mal, so wie heute, seien sie mitgenommen worden. Der Typ heute, wollte gerade eben nur mal austreten und sei dann ohne sie einfach weiter gefahren, hätte sie ohne Wasser hier sitzen gelassen, ob ich Wasser für sie hätte. Irgendwas kommt mir daran spanisch vor, mir drängt sich die Frage auf, was die Beiden angestellt haben, dass sie jemand in der Wüste sitzen lässt? Schweren Herzens gebe ich eine meiner Wasserflaschen her.
Nach weiteren zwölf Kilometern fängt es an zu dämmern. Ich schiebe mein Fahrrad etwa hundert Meter von der Straße weg in die Wüste und baue mein Zelt auf. Während ich das tue, steht neben einem Berg eine Wolke am Himmel und unter ihr Blitz es etwa alle zwanzig Sekunden, das sieht sehr schön aus.
Mein Nacken fühlt sich nicht gut an. Das Salz des Schweißes hat zusammen mit dem Kragen meiner Regenjacke die Haut wund gescheuert. Ich investiere einen Waschlappen voll Wasser, um mir den Schweiß von Gesicht, Händen und Nacken zu waschen. Im Zelt esse ich im letzten Licht des Tages etwas und lege mich dann zum Schlafen.
Ich bin gerade weggenickt, als plötzlich Windböen über das Zelt hereinbrechen. In solcher Heftigkeit, dass bereits die zweite das Zelt platt legt. Während ich in meiner Zelthülle, die auf mir liegt, überlege, was ich als nächstes tun sollte, bemerke ich den Sand, der mir ins Gesicht rieselt. Der Wind peitscht weiter über mich her und es beginnt zu regnen. Blitze zucken und es donnert sofort. Ich weiß nicht, was ich machen kann, um meine Lage zu verbessern. Ich liege mitten in der Wüste, mitten in einem Gewitter, in ein Billigzelt gewickelt und es regnet bald wie aus Kübeln. Ich weiß, dass das keine gute Situation ist und ich habe irgendwie das Gefühl, dass es das gewesen sein könnte. Ich habe Angst. Ich nehme unter der Folie mein Handy, schalte für einen Tag das Internetroaming ein und schicke eine Nachricht nach Hause.
Nach einer Stunde unter der flatternden Zeltplane hört es auf zu regnen. Ich hebe das Zelt notdürftig an, ziehe meine Schuhe an und krabbel nach draußen. Es dauert ein paar Minuten, bis das Zelt wieder ordentlich steht. Drinnen muss ich den Sand notdürftig von Luftmatratze und Schlafsack fegen und erstaunlich wenig Wasser aufwischen. Dann lege ich mich hin und versuche, zu schlafen.
Irgendwas geht da um das Zelt herum. Ich höre es schnuppern und treten. Ich wage mich nicht zu bewegen. Ich lausche angestrengt durch die Zeltwand. Immer, wenn es sich bewegt, versuche ich herauszufinden wohin, kann jedoch nichts ausmachen. Nach einer halben Stunde nehme ich allen meinen Mut zusammen, öffne das Zelt und leuchte mit der Taschenlampe um das Zelt herum: Nichts. Doch dann höre ich doch etwas. Es kommt von der Straße, zwei Menschen unterhalten sich, ein starker Lichtstrahl wandert unruhig über den Straßenrand: „I wonder that it is so far!“ höre ich. Es sind die beiden Landstreicher und ich hoffe, sie haben meine Taschenlampe nicht gesehen, ich möchte nicht mit ihnen in einem Zelt schlafen und noch mehr Wasser teilen.
Ich versuche zu schlafen, höre aber immer wieder das Schnuppern und Treten neben dem Zelt. Ich beschließe irgendwann, dass es Geräusche des Zeltstoffes im Wind sind und falle ab 23:30 Uhr in einen unruhigen Schlaf.
Wüste – 29 Palms
Um 5:45 Uhr werde ich von Regen auf dem Zelt geweckt. Mein Versuch, weiter zu schlafen scheitert. Ich ziehe mich an und mache mir ein Müsli zu Essen. Viel zu schnell bin ich fertig und der Regen nieselt immer noch leicht auf das Zelt. Ich sortiere meine Sachen und beschließe dann aufzubrechen und wie durch ein Wunder hört der Regen auf.
Das Fahrrad liegt im Dreck und ich versuche es notdürftig zu reinigen. Beim Schalten hört man den Sand im Schalthebel knirschen, beim Bremsen kratzt er über die Felge, überall klebt der Sand dran. Es dauert nur zehn Minuten, bis das nasse Zelt verstaut ist und es wieder zu regnen anfängt. Ich zerre genervt meine Regenjacke vom Gepäckträger, werfe sie mir über und schiebe mein Rad zur Straße.
Meine Beine schmerzen und mit Kriechgeschwindigkeit mache ich mich auf den Weg zum 110 Kilometer entfernten Tagesziel 29 Palms. Der Wind ist weg, das ist gut. Nach zehn Kilometern geht es leichter. Der erste Hügel liegt hinter mir und es geht bergab. Dann kommt der nächste Hügel und dann geht es wieder lange bergab, so dass es richtig Spaß macht.
Ich komme um die Kurve und sehe zwei Radfahrer mit Sack und Pack. Meine Freude ist riesengroß. Brigitte und Sandra sind vor sechs Tagen in LA gestartet, kommen aus der Schweiz. Sie haben ihre Räder hier in den USA gekauft. Wir unterhalten uns eine halbe Stunde und ich löse mich nur ungern von ihnen, weil es so nett ist, sich mit ihnen zu unterhalten. Mitten in den Bergen kommt es mir so richtig vor, mich mit zwei Schweizern auf Deutsch zu unterhalten. Ich fühle mich ein wenig zu Hause.
Dann geht es dreißig Kilometer bergab, was sich irgendwie nicht so positiv auswirkt. Am Ende bin ich trotz Jacke ausgekühlt; in der Wüste. Es liegen noch vierzig Kilometer vor mir. Ich quäle mich die Hügel hoch. Zwanzig Kilometer vor dem Ziel dann wieder die ersten Häuser. Die Rückkehr in die Zivilisation lässt mich die letzten Stunden noch mal Revue passieren. Es gibt Menschen, die ziehen in die Einsamkeit und leben als Eremiten. Ich bin froh, wieder in der Nähe von Menschen zu sein. In diesem Bedürfnis mit anderen Menschen zu sein, liegt das Wunder des Menschseins, aber auch die Möglichkeit, über sozialen Druck Dinge gegen den Willen von Menschen zu verlangen, das wird mir hier klar.
In ´Downtown´-29 Palms entere ich eine Pizzaria und schlinge in Rekordzeit eine 14´´-Pizza herunter. Das war keine gute Idee. Nun zieht der Körper Blut aus den Muskeln ab und bedient den Verdauungstrakt. Die letzten zehn Kilometer werden zur Tortur, für die ich eine Stunde brauche.
Bei David angekommen, werde ich mit einem wunderbaren Gastgeber entlohnt. Es dauert vor lauter Gesprächen, bis ich das Zelt zum Trocknen ausgelegt bekomme und ich unter der Dusche stehe. Von der Straße muss ich eine Meile auf einer weichen Sandstraße bergab in die Wüste fahren, um zu seinem zwei Hektar großen Grundstück zu kommen, das der Überrest einer Büffelfarm ist. Er arbeitet auf der nahegelegenen Airbase als Mädchen für alles. In erster Linie muss er die riesigen Maschinen bedienen und umherfahren. Auf der Basis werden unter anderem Steine für den Straßenbau gebrochen. Die Seiten der Straßen werden immer mit feinem Schotter aufgefüllt, der jedoch über die Zeit immer wieder verschwindet und nachgefüllt werden muss. Ich habe die Vermutung, dass die Steine von den Reifen der Fahrzeuge aufgelesen werden und in die Windschutzscheiben der nachfolgenden Fahrzeuge geschleudert werden.
David hat das Haus voller Gäste. Im Garten zelten zwei Amerikaner aus Pennsylvania, die er als Schmarotzer empfindet. Sie nutzen sein Haus und trinken seine Getränke und versuchen so wenig Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen. Tagsüber sind sie in den umliegenden Nationalparks und abends in ihrem Zelt. Außerdem hat er noch ein deutsches Pärchen untergebracht, mit denen ich das Wohnzimmer teilen muss. Sie kommen aber erst um 21:50 Uhr nach Hause und wollen dann noch kochen. Mir ist das egal, ich bin so kaputt, dass ich nichts mehr mitkriege und schlafe. Ich habe in dem kurzen Gespräch mit ihnen jedoch genau die Beschreibung der beiden Amerikaner wiedergefunden. Ich habe das Gefühl, sie haben nur einen Platz zum Schlafen gesucht, was nicht die Aufgabe von Couchsurfing ist. Als Gast hat man schon die Aufgabe, seine Welt zum Gastgeber zu bringen und kulturellen Austausch zu zelebrieren; meiner Meinung nach ist das das Wunderbare an dieser Community: Egal wo Du hinfährst, Du bist nicht alleine und kannst Freunde treffen.
David fragt mich, warum ich gerade diesen Weg durch die Wüste genommen habe und ich muss zugeben, dass mein Grund eigentlich die Joshua Trees waren, ich aber keinen einzigen gesehen habe. Er klärt mich auf, dass Joshua Trees erst ab einer Höhe von 800 Metern vorkommen und er bietet mir an, mich durch den Joshua Tree National Park zu fahren. Er weiß, dass ich total kaputt bin und meint da sei es doch toll, wenn ich nur im Auto sitzen brauche und er mich herumfährt. Er erklärt mir aber auch, dass ich hinterher aber auch noch mit zu einem Konzert einer Freundin in einem Kulturzentrum müsse. Ich kann nicht widerstehen und bald sitzen wir in seinem Truck.
Vom Ort Joshua Tree geht es in die Berge und schon nach kurzer Zeit fahren wir durch eine urzeitliche Landschaft, in der man jederzeit erwartet, dass hinter einem der wie ein Tangram aufgestapelten gelben Steinhügel ein Dinosaurier hervorkommt. Ich bin froh, dass David mir das hier zeigt. Ich denke an Jürgen und wie gerne ich das hier mit ihm zusammen erleben würde. Ich weiß, dass es ihm gefallen würde. Wie gerne würde ich auf einen der Steinhügel klettern oder sie zeichnen, doch zum Klettern fehlt mir die Energie und zum Zeichnen die Zeit.
Schon bald fahren wir wieder in den Ort runter und zum Konzert seiner Freundin. Drei Singer/Songwriter sitzen in einem umfunktionierten Ladengeschäft vor einem Tresen und Einer nach dem Anderen trägt der Reihe nach einen selbst geschriebenen Song vor. Dabei kommt es schon mal vor, dass der Text vergessen oder ein Song noch nicht so perfekt auf der Gitarre gespielt werden kann. Ich mag das, wenn es nicht so perfekt ist.
Wieder zu Hause, verpacke ich das Zelt und hänge meine zuvor gewaschene Wäsche auf. Dann unterhalten wir uns über meine Reise. David packt Straßenatlanten aus und ich muss meine Route auf ihnen zeigen. Er erzählt immer wieder von seinen deutschen Vorfahren und seiner Reise nach Deutschland und die dortigen Verwandten zu besuchen. Sein Großvater ist in Hohnau (Baden Württemberg) geboren und hat dort die kaiserliche Familie mehrfach gesehen, die zu der Zeit in Schloss Lichtenstein mehrfach Urlaub gemacht haben soll. Nach der Machtergreifung Hitlers ist sein Großvater mit Frau und Sohn in die USA emigriert, weil ihm das alles nicht geheuer war, was da in Deutschland passiert. Als der Krieg ausbrach, ist der Sohn (Davids Vater) mit 17 Jahren (das war nicht legal) in die Armee gegangen, um gegen die Deutschen zu kämpfen. Seine Deutschkenntnisse haben ihm das Leben gerettet, er wurde nicht an vorderster Front, sondern im Geheimdienst eingesetzt.
29 Palms – Beaumont
David fährt mich mit dem Truck zur Straße hoch. Dann fällt ihm ein, dass er noch was einkaufen muss und bietet mir an, mich bis Joshua Tree mitzunehmen. Ich stimme dem zu und bekomme so zehn Kilometer geschenkt.
Die ersten sieben Kilometer sind schwer, doch dann merke ich, wie die Kraft zurückkehrt. Plötzlich habe ich die ersten zwanzig Kilometer gefahren und komme oben auf 1057 Höhenmetern an. Was dann kommt ist cool. Ich fahre über den Kamm und blicke in ein weites Tal. Auf fünf Kilometern führt die Straße mit bis zu sechs Prozent Gefälle schnurgeradeaus 250 Meter abwärts. Ich lasse es einfach rollen. Doch es kommt noch besser. Nach weiteren zehn Kilometern geht es über eine leichte Kuppe und ein Schild kündigt sieben Prozent Gefälle an. Es ist, als stürzt man sich in eine Bobbahn. In engen Kurven geht es ohne Seitenstreifen sieben Kilometer durch ein enges Tal. Ich fahre mitten auf der rechten Spur mit bis zu 65 km/h und traue mich nicht den Blick von der Fahrbahn zu wenden um mir die steilen Hänge an den Rändern anzusehen. Ich denke kurz an Brigitte und Sandra, die hier hoch gekommen sein müssen; das hat bestimmt Schweiß gekostet.
Ich rolle von der Seite in ein weites Tal, das weit unten voller Windräder ist. Es dauert etwas, bis ich mir die Frage stelle, warum man in den tiefen eines Tales hunderte Windräder aufstellt. Doch dann kündigt ein Schild starken Wind an. Ganz unten angekommen, biege ich nach rechts (Westen) auf die Interstate 10 ab und bin froh, dass nahezu alle Windräder still stehen. Ich kann mein Glück gar nicht fassen. Der Wind muss hier so regelmässig und so stark zwischen den Bergen vom Pazifik her wehen, dass es sich lohnt ohne öffentliche Zuschüsse Windräder in riesiger Zahl zu bauen. Bei Windstille fahre ich unaufhörlich in einer sanften Steigung den letzten großen Hügel hinauf.
Die schwarzen Wolken, rechts oben über den Bergen, bleiben wo sie sind und so überlege ich in Banning den Campingplatz anzusteuern, doch zwei Kilometer vor der Abzweigung bricht unverhofft wieder ein Wolkenbruch auf mich herab und überzeugt mich, klatschnass wie ich bin, in ein Motel zu gehen.
Im ersten Motel muss ich aufpassen, dass ich nicht anfange zu lachen, was sehr arrogant gewesen wäre. Über dem Tresen kann ein Inder gerade so hinwegsehen. Er hat ein selbst gestricktes, beiges Stirnband auf, das seine Ohren schützen soll und spricht in einer hohen, fast kreischigen, ängstlich wirkenden Stimme. Ich weiß nicht warum, doch er scheint Angst vor mir zu haben. Er hat kein Zimmer für mich. Ich erzähle ihm von meiner Reise und dass ich aus Deutschland bin. 66,- $ soll ein Zimmer kosten, ob ich eines sehen könne? Ich kann ihn nicht verstehen und er wedelt wild mit den Händen umher. Seine Frau schaut durch den Türspalt und wirkt auch ängstlich. Er will mir das Zimmer nicht zeigen, aber ich erkläre ihm die schlechten Erfahrungen, die ich gemacht habe. So schlurft er dann doch mit mir zu einem Zimmer. Als es dann aber ans Bezahlen gehen soll, akzeptiert er partout meine Kreditkarte nicht, so dass der Deal dann doch platzt, er schmeißt mir die Kreditkarte vor die Füße, was der Moment ist, in dem ich beinahe losgelacht hätte, weil mir das irgendwie wie eine Sitcom vorkommt. Er ist das lebende Klischee des aufgebrachten tragikomischen Inders, das ich aus den Medien kenne.
Aber wer mir die Kreditkarte vor die Füße wirft, bekommt mein Bargeld nicht. So fahre ich noch zwei Kilometer weiter ins nächste Motel.
Wo es hoffentlich mit der Unterkunft geklappt hat.
Hallo Thomas!
Das ist ja eine Tour mit sämtlichen Gefühlen gewesen. Vor den zwei Typen hätte ich auch schieß gehabt, und im Zelt bei dem Wetter, oh, oh, oh. Gut das die nicht dein Licht von der Taschenlampe gesehen haben.
Die Landschaft muss toll gewesen sein. Werde mich jetzt auf den Weg machen und hinterher kommen.
Bis bald. VLGM
Hallo Thomas!
Was für ein toller Bericht . Während des Lesens habe ich nur gedacht: Er hat die Wüste überlebt
sonst gebe es diesen Bericht nicht.Ich hätte kein Auge im Zelt zu machen können.
Schade, dass man sich bei der Geschwindigkeit (65 km),auf die Straße konzentrieren muss.
So bekommt man ja kaum von der Landschaft etwas mit.Du mußt ja schlimm ausgesehen haben
wenn der Inder so eine Angst vor dir hatte.
L.G.HELMUT UND Hanne pass gut auf dich auf.
Ja ja, die Wüste lebt. Das mit den beiden D.U.’s (dauernd unterwegs) finde ich ja auch komisch, hätte da nicht ruhig schlafen können.
„Macht der Junge eigentlich alles falsch?“ – zu schnell gegessen und getrunken, kein Wunder 🙂
Den Bericht finde ich diesmal besonders beeindruckend, ich fühle richtig mit und hätte auch ein Riesenbammel gehabt. Wie schön, dass Dich Dein Gastgeber dann noch mal in die Wüste gefahren hat, um Dinge zu sehen. Und am Ende der Story habe ich verstanden, warum Dein Weg so kärglich war: es war nicht der einfachste Weg an den Weststrand, aber sicherlich einer, den Du nicht so schnell vergisst.
Immer ordentlich Luft auf der Kette!!